Joseph von Hammer (1774-1856), später Hammer-Purgstall, ein gebürtiger Grazer, entwickelte sich als Absolvent der Orientalischen Akademie über das in der Ausbildung vermittelte Niveau hinaus zu einem Wissenschaftler mit früh selbstgesteckten Zielen. Mit Programmatisch-Poetischem, mit Übersetzungen (die ihm die Anerkennung Goethes eintrugen) und historischen Arbeiten zur Literatur und dann primär zur Geschichte des vorderasiatischen Raumes erlangte er, nicht zuletzt auch dadurch seine gewaltige internationale Korrespondenz, die sich von den USA bis nach Indien erstreckte, eine bis dahin ungekannte Quellenkenntnis. Da ihn sein Naturell für die Diplomatie untauglich erscheinen ließ, blieb er in der Staatskanzlei - von Metternich akzeptiert - so gut wie ungestört seiner eigenen Arbeit überlassen. Auf Grund seiner Erfahrungen in Konstantinopel, London, Paris und Berlin betrieb er mit Unterstützung von anderen Wissenschaftlern bei und gegen Metternich die Errichtung einer Akademie der Wissenschaften in Wien, die schließlich 1846 erfolgte - Bemühungen um die Orientalische Akademie und die Hofbibliothek blieben letztlich erfolglos. Seine Leistungen in der Orientalistik haben ihm trotz mancher Kritik zu Lebzeiten breite internationale Anerkennung zuteil werden lassen; im 20. Jahrhundert noch haben ihm erstrangige Kenner der Materie seinen "hohen Rang ... in der deutschen Geistesgeschichte" und in der Orientalistik attestiert.
Eine Würdigung im Lande "hinter der chinesischen Mauer", wie man den österreichischen Kaiserstaat seinerzeit gerne apostrophierte, hat er allerdings so gut wie nicht erfahren.
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Montag, 29.01.2024